Ich hatte am Anfang meiner Vermieterzeit die naive Vorstellung, dass alle Mietverhältnisse harmonisch verlaufen. Die Realität hat mir schnell gezeigt: Auch bei bestem Willen kommt es zu Missverständnissen, Unzufriedenheit und Konflikten.
Inzwischen bin ich davon überzeugt, dass es nicht darauf ankommt, Streit zu vermeiden – sondern darauf, damit umzugehen. Und genau das habe ich mir über die Jahre strukturiert erarbeitet. Hier mein Vorgehen.
1. Nicht reagieren, sondern strukturiert antworten
Früher habe ich auf Mails oder Anrufe manchmal spontan reagiert – und das war ein Fehler. Heute gilt für mich: Keine vorschnelle Reaktion.
Ich nehme mir bei jeder Eskalation erst einmal 24 Stunden, um:
- Die Fakten zu prüfen
- Unterlagen oder den Mietvertrag durchzugehen
- Emotionen rauszunehmen
Erst danach formuliere ich eine Antwort – klar, sachlich, lösungsorientiert. Keine Vorwürfe, keine Floskeln. Nur: Was ist passiert, was steht im Vertrag, was ist realistisch machbar?
2. Alles schriftlich, alles dokumentiert
Ich telefoniere nur noch im Ausnahmefall mit Mietern – und fasse jedes Gespräch anschließend per E-Mail zusammen.
Beispiel:
Guten Tag Herr/Frau XY,
danke für das Telefonat von heute. Wie besprochen werden Sie den Schaden am Fenster selbst beheben. Sollte dies nicht gelingen, melden Sie sich bitte bis zum 15. Juli, damit ich einen Handwerker beauftragen kann.
Das schützt beide Seiten – und bei späteren Missverständnissen kann ich jederzeit nachvollziehen, was vereinbart wurde.
Auch WhatsApp-Nachrichten sichere ich regelmäßig in ein PDF und speichere sie ab. Nur für den Fall.
3. Mietrecht kennen – nicht googeln, sondern beraten lassen
Ich habe mich zu Beginn viel auf Internetforen verlassen – das war rückblickend riskant. Heute habe ich eine Jahresmitgliedschaft bei Haus & Grund, mit Zugriff auf rechtlich geprüfte Vorlagen und einer Beratungshotline für Mitglieder.
Wenn es um:
- Betriebskosten
- Kleinreparaturen
- Modernisierung
- Mieterhöhungen
- oder Kündigung
geht, hole ich mir dort rechtssicheren Rat. Das hat mir schon mehrfach geholfen, Streit gar nicht erst eskalieren zu lassen.
4. Neutral bleiben, auch wenn’s emotional wird
Einmal beschwerte sich ein Mieter, dass er bei der Gartenpflege benachteiligt werde, weil der Nachbar weniger Laub habe. Anfangs habe ich das persönlich genommen. Heute reagiere ich anders:
- Ich erkenne das Problem an, ohne Schuld zu verteilen
- Ich bleibe sachlich: „Ich verstehe Ihren Punkt. Lassen Sie uns gemeinsam eine Lösung finden.“
- Ich biete realistische Optionen an – nicht mehr, nicht weniger
Die Erfahrung zeigt: In 80 Prozent der Fälle beruhigt sich die Lage, wenn man dem Gegenüber zuhört und sachlich bleibt.
5. Wenn nichts hilft: Formale Mahnung – und klare nächste Schritte
In seltenen Fällen hilft alles nichts. Dann greife ich auf mein vorbereitetes System zurück:
- Schriftliche Abmahnung mit klarer Frist und Angabe der Vertragsverletzung
- Bei Zahlungsverzug: Mahnung, Frist, ggf. Einschaltung eines Anwalts
- Bei dauerhaft gestörtem Verhältnis: Prüfung rechtlicher Schritte (z. B. ordentliche Kündigung)
Wichtig ist: Ich kündige nie spontan oder aus Frust. Jede Maßnahme ist dokumentiert, begründet und mit rechtlicher Rückendeckung.
Klarheit, Struktur und Sachlichkeit sind die beste Streitvermeidung
Ich sehe mich als Vermieter nicht als Autoritätsperson, sondern als Verwalter eines Vertragsverhältnisses. Wenn beide Seiten wissen, woran sie sind, gibt es wenig Raum für Eskalation.
Meine Grundregeln:
- Immer schriftlich, nie emotional
- Keine Reaktion ohne Vorbereitung
- Rechtliche Beratung einholen statt Ratgeberartikel lesen
- Probleme benennen, aber nie persönlich werden
Seit ich danach handle, laufen meine Mietverhältnisse deutlich ruhiger – auch wenn es mal knirscht.
Im nächsten Beitrag zeige ich dir vielleicht, wie ich bei steigenden Betriebskosten die Vorauszahlung rechtssicher anpasse – mit welchen Schreiben, welcher Frist und welchen Reaktionen ich rechne.
Bis bald