Ich erinnere mich noch an meine erste Immobilienbewertung.
Ich hatte ein gutes Gefühl, ein paar Vergleichsobjekte auf ImmobilienScout durchgeklickt und mir gedacht: „Ja, das passt schon.“
Tja – ich lag um fast 80.000 € daneben.
Und genau deswegen schreibe ich diesen Artikel: Weil „Gefühl“ bei der Immobilienbewertung selten ein guter Ratgeber ist.
Der Klassiker: Bauchgefühl statt Berechnung
Viele Menschen (mich eingeschlossen) schätzen Immobilienwerte nach Sympathie.
„Schöne Lage“, „neue Fenster“, „tolles Bad“ – alles schön und gut, aber das sind Emotionen, keine Werte.
Ich habe anfangs völlig übersehen, dass Immobilienbewertung in Deutschland klaren Methoden folgt.
Die drei gängigen Bewertungsmethoden
- Vergleichswertverfahren
Wird bei Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäusern angewendet.
Man vergleicht mit ähnlichen Immobilien in der Region – aber realistisch, nicht mit überteuerten Traumhäusern.
Ich habe damals nur nach Online-Angeboten geschaut, aber nicht nach den tatsächlich verkauften Preisen. Das war mein erster großer Fehler. - Ertragswertverfahren
Gilt für vermietete Immobilien.
Hier zählt, was das Objekt an Einnahmen bringt – also Mieteinnahmen minus Kosten.
Der Clou: Der Marktwert hängt stark vom Kapitalisierungszinssatz ab. Ein kleiner Unterschied (z. B. 0,5 %) kann Zehntausende Euro ausmachen. - Sachwertverfahren
Kommt zum Einsatz, wenn es keine Vergleichswerte gibt – z. B. bei speziellen Objekten.
Dabei wird der Bodenwert plus Bauwert berechnet, minus Abnutzung.
Klingt trocken, ist aber das ehrlichste Verfahren, wenn du wissen willst, was das Haus wirklich kostet.
Mein Aha-Moment
Ich hab irgendwann einen unabhängigen Gutachter beauftragt.
Kostete mich rund 800 €, aber es war das Geld wert.
Er kam mit Laser-Messgerät, Marktanalyse und einer Gelassenheit, die ich nur von Menschen kenne, die regelmäßig Menschen vom Gegenteil überzeugen müssen.
Er zeigte mir, dass ich in meiner Kalkulation fast 15 % zu hoch lag – nicht, weil das Haus schlecht war, sondern weil ich emotional bewertet hatte.
„Häuser haben keine Gefühle, Alex“, sagte er trocken.
„Aber Käufer schon. Und die lassen sich nur von Fakten überzeugen.“
Worauf ich heute achte
- Bodenrichtwert prüfen: Den bekommst du beim Gutachterausschuss deiner Stadt.
- Regionale Verkaufspreise statt Angebotspreise vergleichen.
- Realistische Modernisierungsabschläge ansetzen: Neues Bad = gut, 30 Jahre alte Elektrik = teuer.
- Professionelles Gutachten einholen, wenn Unsicherheit besteht – gerade bei größeren Summen.
Der Wert einer Immobilie besteht nicht aus Quadratmetern, sondern aus Markt, Zustand und Emotionen – in genau dieser Reihenfolge.
Ich hab gelernt, dass man sich beim Immobilienwert besser an Zahlen hält als an Träume.
Denn Träume kosten meistens Aufpreis.